Jedes Familienmitglied nimmt einen bestimmten Platz innerhalb der Familie ein. Oft ist das gar nicht bewusst, welche Rolle wir innerhalb dieses Systems eigentlich spielen. Es werden so viele unbewusste Muster und Programme gelernt und übernommen, und jeder trägt des anderen Kreuz mit. Besonders die Kinder übernehmen die zu ihnen und ihrem Karma passenden Programme, Muster und bestimmte Aspekte der Traumata der Eltern und nehmen damit einen ganz bestimmten Platz im Familiensystem ein. Das erzeugt ein entsprechendes Verhalten gegenüber den Familienmitgliedern, und normalerweise spielt sich das ganz gut ein. Auch wenn die Familienmitglieder damit vielleicht nicht immer glücklich sind, spielt es sich aber dennoch ein. Jeder hat seinen Platz und bedient, auf Gegenseitigkeit beruhend, die Muster der anderen mehr oder weniger. Und das funktioniert und ist aufeinander abgestimmt. Wenn jetzt bei einem Familienmitglied Erwachen geschieht, dann verschwindet das, an was diese Muster und die übernommenen Aufgaben innerhalb der Familie angeknüpft sind. Das verschwindet. Das heißt, es entsteht ein Loch an dieser Stelle. Die gegenseitigen Verstrickungen laufen nur noch in eine Richtung und bekommen keine gewohnte Antwort mehr von der Person, die erwacht ist. Die Aufgabe von diesem Familienmitglied kann nicht mehr erfüllt werden, so wie es vorher der Fall war. Erst einmal entsteht also eine Lücke und es ist deutlich zu sehen an den Familienmitgliedern, dass da eine große Irritation aufkommt. Was ist plötzlich los? Es scheint zu rappeln und zu ruckeln in der ganzen Familie, und alles muss sich neu sortieren. Das kann man deutlich spüren. Denn auch die Entwicklung des Familiensystems ist ein Prozess. Dieser Prozess vor dem Erwachen und auch nach dem Erwachen, betrifft demnach nicht nur das Individuum, sondern eben auch das individuelle Familiensystem. Es durchläuft einen Wandlungsprozess. Denn zunächst entsteht eine große Lücke, weil derjenige, der durch das Erwachen verschwindet, die gewohnten Muster nicht mehr bedient. Die jeweiligen Themen fallen dann zurück auf das verbliebene Familienmitglied. Wie lose Enden greifen die Tentakel der Verstrickung jetzt ins Leere. Das merkt nicht nur die Familie, sondern auch der erwachte Mensch. Er scheint wie herausgefallen aus diesem Familiensystem, auch von seinem emotionalen Empfinden her. Er nimmt diesen gewohnten Platz nicht mehr ein. Er kann das nicht mehr tun, weil nichts mehr an ihm haftet. Da ist keine unbewusste Bindung mehr. Denn das Ego, woran diese Muster geknüpft sind, hat sich in das große Ganze ergossen. Man kann auch sagen, die Identifikation mit dem Ego hat sich verlagert auf das Absolute, auf die Unendlichkeit, die wir sind.

Und wir haben festgestellt, dass eine Weile nach dem Erwachen durchaus ein neuer Platz im Familiensystem eingenommen wird, doch dieser Platz ist nicht mehr unbewusst automatisch gewählt, sondern in Freiheit selbst entschieden. Das wird nicht vom Verstand her entschieden, sondern aus der Ganzheit deines jetzt erfahrenen Seins. Du nimmst den Platz jenseits von Bedingtheit als bedingungslose Liebe ein. Und diese bedingungslose Liebe gibt neue Entwicklungsimpulse für alle Beteiligten. Die bedingungslose Liebe ist frei in ihrem Handeln und wird immer das geschehen lassen, was für die Ganzheit richtig ist. Wenn du darum weißt, kannst du diesen Prozess der Wiedereingliederung ganz bewusst anstoßen und umsetzen. Und das ist sehr heilsam, denn das Familiensystem kommt wieder zusammen. Die Lücke, die gerissen wurde, wird wieder gestopft. Aber jetzt mit einer ganz anderen Qualität, weil sie aus Freiheit entschieden neu besetzt wird. Das ist sehr heilsam. Das kann ganz bewusst getan werden nach dem Erwachen. Nach einer bestimmten Zeit der Integration fällt dir das sicherlich selbst auf, dass du eine Lücke gerissen hast und dann möchtest du sie wieder schließen, damit die emotionalen Bindungen und Verbindungen wieder funktionieren. Wenn da ein Loch ist und keine neue Verbindung aufgebaut wird, dann ist es für den Rest der Familie, als wäre der Mensch abhanden gekommen, wie gestorben. Familiensystemisch ist das wie ein Tod. Ein Schock im System. Es ist also ratsam, Bewusstheit auf dieses Phänomen zu legen und wachsam und in Mitgefühl die Familie im Blick zu haben.

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